Kathrin Stirnemann


XCE World Champion 2017 & 2014

Diagnose Lungenembolie – verspätetes Einrücken in die SpiSpo RS

Nach unserem Sieg am Cape Pioneer planten Sandro und  ich eigentlich noch einige erholsame Ferientage in Südafrika. Leider konnten wir diese nicht wirklich geniessen und erholsam waren sie auch nicht. Am Donnerstag nachdem wir das Rennen gewonnen hatten, musste ich wegen Atemnot und grosser Erschöpfung notfallmässig in den Spital in Stellenbosch.

Da die letzten beiden Tage des Cape Pioneers sehr kalt und nass waren, dachte ich es könnte eine Lungenentzündung sein. Ich hatte ein Stechen auf der Lunge, bekam kaum noch Luft, dazu kam eine Erkältung mit Fieber. Die Diagnose im Spital war jedoch leider eine andere: Lungenembolie!
Ich hatte auf beiden Lungenflügeln eine Embolie. Diese Diagnose warf mich völlig aus der Bahn und meine Welt schien über mir zusammen zu brechen als mir die Ärzte sagten, dass ich vorerst im Spital bleiben muss und eine Heimreise frühestens in sieben Tagen möglich sei.

Eigentlich war geplant, dass ich am Sonntag nach Hause kommen würde und sogleich am Montag in die Spitzensport Rekrutenschule einrücken würde. Dieser Plan schien nun auch den Bach runter zu gehen…

Ich wurde noch im Notfall mit Blutverdünner, Antibiotika und Inhalationen versorgt.

Nach einer fast schlaflosen Nacht durfte ich das Spital nach 24-stündiger Beobachtung zum Glück wieder verlassen. Der am nächsten Tag geplante Rückflug war jedoch ein absolutes no-go. Mindestens eine weitere Woche müsste ich noch in Stellenbosch bleiben bevor ich reisefähig wäre.

Für Sandro rief die Arbeit in der Schweiz und so musste er planmässig am Samstag nach Hause reisen. Als meine Mutter von den südafrikanischen Ärzten über meinen Gesundheitszustand informiert wurde, zögerte sie nicht lange und buchte sofort einen Flug nach Südafrika um mir beizustehen und mich zu unterstützen bis ich reisefähig war. So kam sie unverhofft zu einer Woche „Ferien“ im wunderschönen Südafrika und kam am Samstagnachmittag in Stellenbosch an.

Ich war froh, dass sie kam um sich um mich zu kümmern. Ich war zwar nicht mehr im Spital, doch ich war immer noch sehr schlapp und hatte kaum Energie. Auch das Atmen bereitete mir nach wie vor grosse Mühe und das ganze jagte mich schon ziemliche Angst ein. Kleine Spaziergänge von maximal 10 Minuten waren schon eine grosse Anstrengung für mich und 14 Stunden Schlaf pro Tag das absolute Minimum.

Während der Woche in Stellenbosch ging es mir von Tag zu Tag etwas besser und die täglichen Spaziergänge wurden etwas länger. Der Blutverdünner sollte in den kommenden vier Wochen die Blutgerinnsel in der Lunge komplett auflösen und ich hatte wirklich das Gefühl, dass sie von Tag zu Tag kleiner wurden, denn das Atmen ging schnell wieder besser.

Der Lungenspezialist in der Medi Clinic in Stellenbosch erteilte mir dann am Mittwoch, also sechs Tage nach meinem Spital-Aufenthalt, das „ready to fly“ und so konnten wir am Freitag zurück nach Hause reisen. Das warme Wetter, die Sonne und die schöne Gegend trieben meine Genesung bestimmt voran und ich konnte die zusätzliche Woche in Stellenbosch den Umständen entsprechend gut geniessen. Trotzdem freute ich mich, dass ich endlich die Heimreise antreten dürfte. Und erst noch Business-Class fliegen, da dies der Arzt so verschrieben hat. :)

Zuhause angekommen standen bereits am Montag erste Untersuchungen der Lunge bei Spezialisten im Berner Inselspital an. Die Ärzte in der Schweiz staunten nicht schlecht, als sie die CT Bilder der Südafrikaner sahen. Die Embolien waren viel grösser, als dies die Südafrikanischen Ärzte jeweils in den Krankenberichten geschrieben hatten.
Erstmals durfte ich die Bilder auch anschauen und es war sogar für mich als Leihen ganz deutlich zu sehen, dass die Embolien ziemlich gross waren. Die Ärzte verschrieben mir eine weitere Woche Erholung, Sportverbot und viel Ruhe. Also wieder nichts mit Einrücken in die Rekrutenschule… :(

Dies war ein weiterer Rückschlag. Ich wollte unbedingt einrücken, denn die Spitzensport RS ist eine grosse Chance mich sportlich weiter zu entwickeln und professionellen Support während der Saisonvorbereitung zu erhalten.
Es war extrem schwer für mich diesen Entscheid der Ärzte zu akzeptieren, denn ich fühlte mich im Stand den Alltag normal zu meistern. Ich war nicht mehr müde und hätte mir den halbtägigen Militäralltag zugetraut obwohl seit der Embolie erst zwei Wochen vergangen waren. Ob ich die RS noch machen könnte stand zu diesem Zeitpunkt  in den Sternen. Die ersten beiden Wochen der Grundausbildung hatte ich verpasst und ob ich mit diesem Rückstand noch einrücken könnte war unklar.

Im Hintergrund rotierten diverse Leute seitens der Armee und Swiss Cycling und machten Abklärungen betreffend meinem verspäteten Einrücken. Es fiel mir ein Stein vom Herzen, als ich die Nachricht erhielt, spätester Zeitpunkt noch einzurücken sei am Montag, 12. November. Voraussetzung war noch ein gutes Resultat eines Belastungs-EKGs beim Verbandsarzt sowie ein Herzultraschall. Sofern dort alle Werte den Umständen entsprechend normal sein würden, könnte ich doch noch einrücken.

Wie ich es schon gespürt hatte, war alles in Ordnung soweit und meine Genesung auf einem guten Weg und seit drei Wochen bin ich nun als Rekrut Kathrin Stirnemann in der Spitzensport Rekrutenschule in Magglingen.
Natürlich kann ich noch nicht normal trainieren wie die anderen Biker, doch ich bin definitiv auf dem richtigen Weg. Es geht mir von Woche zu Woche besser und ich spüre auch wie die Formkurve ansteigt. Ich bin mir bewusst, dass ich noch einen langen steilen Weg vor mir habe um wieder den selben Level wie zuvor zu erreichen, doch ich bin top motiviert und bereit zu kämpfen wie ein Tiger. :)

Die ganze Geschichte ging mir ziemlich unter die Haut und hat mir klar gemacht, dass es überhaupt nicht selbstverständlich ist, dass wir jeden Morgen gesund erwachen dürfen. Das Leben schlägt manchmal andere Wege ein, als dass man sie geplant hat. Uns bleibt nichts anderes übrig, als unser Schicksal zu akzeptieren und alles daran zu setzen, dass es uns schnell wieder gut geht.